23. Mai 2023
Die WestLotto-TopTalente 2023: Rollkunstläuferin Tiziana Kaletta im Interview
Sport ist viel mehr als nur Medaillen: Unter diesem Leitgedanken fördern WestLotto und der Landessportbund NRW die „Toptalente des Leistungssports“ in Nordrhein-Westfalen. Bis zu acht Nachwuchstalente aus verschiedensten Sportarten werden jährlich auf ihrem Weg in den Spitzensport unterstützt und stärker in die öffentliche Wahrnehmung gerückt. Die 14 Jahre alte Rollkunstläuferin Tiziana Kaletta spricht im Interview über ihre Ziele – und wie sie sich auch nach Stürzen wieder aufrappelt.
Seit sie vier Jahre alt ist tanzt sie bereits auf Rollschuhen: Tiziana Kaletta, lieber Tizi genannt, ist bereits Deutsche Meisterin im Rollkunstlauf, hat es auf Platz 11 bei der Europameisterschaft geschafft und möchte nun noch mehr erreichen. Das Interview erschien zunächst im Magazin „Wir im Sport“ des Landessportbundes NRW.
Seit wann stehst du auf Rollschuhen und wie bist du dazu gekommen?
Seitdem ich 4 Jahre alt bin, stehe ich auf den Rollschuhen. Ich habe früher immer das gemacht, was auch eine Freundin gemacht hat. Durch eine weitere gemeinsame Freundin sind wir zum Rollsport gekommen, was mir direkt gefallen hat.
Und wieso nicht Inline-Skating?
Einen Verein für Inline-Skating zu finden, ist einfach schwerer. Deswegen bin ich direkt zum Rollkunstlauf gegangen.
Eiskunstlauf ist bekannter als Rollkunstlauf. Was genau kann man sich unter Rollkunstlauf vorstellen?
Das ist eigentlich genau dasselbe. Es gibt die gleichen Sprünge, gleiche, aber auch unterschiedliche Pirouetten. Und es wird nach demselben System wie beim Eiskunstlauf gelaufen. Eiskunstlauf ist nur populärer als Rollkunstlauf, da es olympisch ist. Trotzdem wird es bei den World Games ausgetragen und ist vor allem im Süden Europas und in den USA bekannt.
Welche Disziplinen gibt es und welche läufst du?
Es gibt die Kategorien Einzel, Tanz, Paarlauf und Formationslauf. Tanz kann man Solo oder als Paar mit einem Jungen laufen. Eine weitere Disziplin ist die Pflicht. Hierbei läuft man alleine und orientiert sich an den Pflichtbögen, den Kreisen, auf dem Hallenboden. Ich selbst laufe Kür Solo. Dabei mache ich Sprünge und Pirouetten und laufe bestimmte Schrittfolgen.
Hast du eigentlich Angst hinzufallen, zum Beispiel bei Pirouetten? Tut das nicht weh?
Angst habe ich nicht. Klar tut das manchmal weh, aber ich bin nach all den Jahren schon abgehärtet. Oft sagen Eltern, die zuschauen „Aua“ und ich denke mir, dass das eigentlich gar nicht weh getan hat. Irgendwann hat man einfach keine Angst mehr.
Wie gehst du mit Stürzen um?
Man ärgert sich innerlich total, aber man steht ganz schnell wieder auf und muss einfach so weiter machen, als wäre der Sturz nicht passiert. Und daraus lerne ich natürlich auch und trainiere umso härter, um besser zu werden.
Bei Turnieren hast du echt viele Zuschauer*innen. Bist du nach so vielen Jahren immer noch nervös vor Auftritten?
Ja, einige kriegen das besser in den Griff als ich. Ich bin sehr sehr nervös. Man merkt mir das oft gar nicht an, aber vor Auftritten zittert mein ganzer Körper. Wenn meine Musik angeht, schalte ich aber komplett ab und blende alle Menschen aus. Dann bin ich fokussiert und vergesse alles drum herum.
Hat sich das denn auch auf deine Persönlichkeit ausgewirkt, vor so vielen Menschen zu laufen?
Auf jeden Fall. Ich bin viel selbstbewusster, seitdem ich auftrete. Dadurch, dass ich auf der Bahn ja ganz alleine stehe, traue ich mich außerhalb auch mittlerweile mehr.
Stehst du privat auch gerne im Rampenlicht?
Nicht so, wie auf Rollschuhen bei einem Wettkampf. Privat finde ich es nicht so cool im Mittelpunkt zu stehen.
Und beweglich bist du auch noch, hast eine extreme Körperhaltung, streckst dein Bein scheinbar leicht in die Höhe. Warst du schon immer so beweglich oder hast du das aktiv trainiert?
Schon als ich klein war habe ich auf der Couch rumgeturnt oder auf dem Boden einen Spagat gemacht. Ich habe mir auch selbst Radschlag, Überschlag, Flik Flak und freihändigen Radschlag beigebracht. Aber ja, man muss dafür auch trainieren. Dadurch, dass ich das seit klein auf mache, fällt mir das jetzt aber einfacher.
Sind die Choreographien eigentlich vorgegeben oder kannst du da selbst kreativ werden?
Musik kann ich selbst vorgeschlagen, die kann aber auch abgelehnt werden. Die Choreo wird aber eigentlich von den Trainer*innen erstellt. Es gibt zwei Küren, die Kurzkür und die Kür. Eine meiner Küren wurde von meiner Heimtrainerin Katharina Peter aufgebaut und dann vom italienischen Weltmeister Luca D´Alisera optimiert, die aktuelle Kür wurde von der holländischen Spitzentrainerin Sylvia Pistorius erstellt. Trotzdem könnte ich noch selbst Armbewegungen einbringen. Ich kenne aber auch einige, die ihre Küren komplett selbst planen. Das ist unterschiedlich.
„Ich bin viel selbstbewusster, seitdem ich auftrete. Dadurch, dass ich auf der Bahn ja ganz alleine stehe, traue ich mich außerhalb auch mittlerweile mehr.“
TopTalent Tiziana Kaletta
Wie lange trainierst du, bis du dir eine Choreographie merken kannst?
Das geht recht schnell, ein bis zwei Wochen. Am Anfang wird jeder einzelne Teil der Kür gefilmt und beim Training schaut man sich diese an und läuft sie. So läuft jedes Training ab, bis man sich alles merken und perfekt laufen kann.
Hattest du denn schon Rückschläge in den letzten Jahren beim Rollkunstlauf?
Letztes Jahr war mein Start in die Saison nicht gut. Ich bin bei jedem Sprung, jeder Pirouette gefallen. Trotzdem wurde ich noch Deutsche Meisterin. Daraus habe ich gelernt, wie hart man einfach trainieren muss und dass man immer nach vorne blicken muss, um es zu schaffen.
Ich war auch schon oft in einem Zwiespalt und habe überlegt, mit dem Rollkunstlauf aufzuhören. Als ich 8 Jahre alt war, habe ich mit dem Turnen angefangen und sollte direkt in die Leistungsklasse. Dann musste ich mich entscheiden und bin beim Rollkunstlauf geblieben. Vor zwei Jahren musste ich die gleiche Entscheidung treffen, als ich wieder geturnt habe und in der Leistungsgruppe war und das nicht mit den Trainingszeiten vom Rollkunstlauf gepasst hat. Ich war kurz davor, beim Turnen zu bleiben, aber an den Rollschuhen hängt einfach alles, auch Freundschaften. Deswegen mache ich immer noch Rollkunstlauf.
Du bist ein riesiger Vampir-Fan. Wie fändest du einen Mix aus Starlight-Express und „Tanz der Vampire“? Wärst du dabei?
(lacht und strahlt) Jaaa! Auf jeden Fall, ich wäre sofort dabei!
Du bist bereits Deutsche Meisterin geworden, hast es bei der letzten Europameisterschaft sogar nach der Kür auf Platz 11 geschafft. Welche Ziele verfolgst du jetzt nach dieser internationalen Erfahrung?
Leider ist Rollkunstlauf nicht olympisch. Deswegen möchte ich unbedingt bei den World Games laufen – das wäre das Höchste, was man erreichen kann. In den nächsten Jahren würde ich aber gerne erstmal zum World Cup, dort war ich auch schon zwei mal im Halbfinale und bin nicht ins Finale gekommen, weil mir Punkte gefehlt haben. Das möchte ich nun schaffen.
Toptalent Tiziana Kaletta
Jahrgang 2008
Sportart: Rollkunstlauf
Verein: TV Walsum Altenrade 07
Trainerin: Katharina Peter
Größte Erfolge: 1. Platz DM Schüler A-Cadets 2022